PARK INSIDE verwandelt ungenutzte Ladenflächen in Einkaufszentren zu ganzjährig nutzbaren Gemeinschaftsgärten und öffentlichen Parks. Durch das Verlegen von Rasenflächen, das Anlegen von Beeten und die Integration natürlicher Elemente entsteht ein geschützter Innenraum, der Menschen unabhängig von der Jahreszeit zum Gärtnern, Verweilen und Austauschen einlädt. Dieser Ansatz nutzt die bereits vorhandene Infrastruktur der Mall, um leerstehende Flächen neu zu beleben und einen sozialen Ort abseits des kommerziellen Konsums zu schaffen. Die Idee knüpft an die Tradition partizipativer Kunstprojekte wie Joseph Beuys' sozialer Plastik an, bei der Gemeinschaftsaktionen selbst zum Kunstwerk werden.
NACHHALTIGE BEWÄSSERUNG UND ENERGIEVERSORGUNG Die Bewässerung erfolgt durch ein intelligentes System, bei dem Regenwasser über Regentonnen in Kopfhöhe aufgefangen und allein durch die Schwerkraft auf die Grünflächen geleitet wird – die Natur macht also den größten Teil der Arbeit, während wir entspannt zuschauen können! Für regenarme Perioden könnte zusätzlich Grauwasser-Recycling aus der Mall – etwa aus Restaurants oder Sanitäranlagen – integriert werden, ähnlich den "Living Machines" von John Todd, die biologische Prozesse zur Wasseraufbereitung nutzen. Ergänzt wird dies durch energiesparende LED-Pflanzenlampen, die mit grünem Strom betrieben werden und auch in den Wintermonaten optimale Wachstumsbedingungen sicherstellen – weil auch Salat im Dezember mal eine Sonnenbrille tragen will.
SOZIALER MEHRWERT DURCH GEMEINSCHAFTSBETEILIGUNG Durch die Einbeziehung der lokalen Gemeinschaft entsteht nicht nur ein ökologischer, sondern auch ein sozialer Mehrwert: Menschen unterschiedlicher Hintergründe können sich aktiv beteiligen, Wissen austauschen und gemeinsam Verantwortung für den Raum übernehmen. Shopping Malls werden so zu Orten der Begegnung und des Engagements, die eine nachhaltigere Bindung zur Kundschaft aufbauen und urbanes Leben bereichern. Um die Biodiversität zu fördern, sollten einheimische Pflanzenarten und Habitatstrukturen wie Totholz oder Nisthilfen integriert werden, was an Konzepte der Urbanen Wildnis von Cordula Rode anknüpft.
SKALIERBARKEIT UND ÜBERTRAGBARKEIT Das Konzept ist skalierbar und lässt sich auch auf andere Flächen wie Parkdecks übertragen. Durch die Begrünung oberer Parkebenen könnten zusätzliche grüne Oasen im Stadtraum entstehen, die zur Aufwertung des urbanen Lebensraums beitragen und Shopping Malls als innovative Vorreiter einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung positionieren. Diese Übertragbarkeit macht PARK INSIDE zu einem Modell für kreislauforientierte Stadtentwicklung, das Leerstände als Ressource begreift und neu interpretiert.
NACHHALTIGKEIT DURCH GEMEINSCHAFTLICHE ORGANISATION Um die langfristige Nutzung zu sichern, braucht es klare Governance-Modelle. Co-Management-Ansätze zwischen Mall-Betreibern, kommunalen Einrichtungen und Bürgervereinen – ähnlich den Community Land Trusts – könnten langfristige Nutzungssicherheit gewährleisten und sicherstellen, dass der Raum partizipativ und gemeinwohlorientiert gestaltet wird. So wird PARK INSIDE nicht nur zu einem grünen Rückzugsort, sondern auch zu einem Modell für neue Formen urbaner Zusammenarbeit.
SYSTEMIC
Ökologische Kreislaufwirkungen
Das Regenwasser- und Grauwasser-Recycling zeigt intelligente Nutzung vorhandener Ressourcen, doch die Energiebilanz der LED-Beleuchtung bleibt kritisch – hier fehlen Daten zu tatsächlichem Stromverbrauch und Winterbetrieb. Die Integration einheimischer Arten stärkt Biodiversität, aber künstliche Beleuchtung könnte ökologische Rhythmen stören. Einfache Lösung: Tageslichtsimulation durch adaptive Beleuchtungssteuerung und solare Energiegewinnung auf Mall-Dächern.
Soziokulturelle Dynamiken
Die Gemeinschaftsbeteiligung nutzt leerstehende Flächen als sozialen Katalysator, ähnlich wie bei Urban-Gardening-Bewegungen. Allerdings besteht die Gefahr der Instrumentalisierung durch Mall-Betreiber für Kundenbindung ohne echte Teilhabe. Klare Governance-Modelle sind essenziell – Community Land Trusts bieten hier bewährte Strukturen für demokratische Entscheidungsfindung und langfristige Autonomie.
Wirtschaftliche Nachhaltigkeit
Die Nutzung bestehender Infrastruktur reduziert Investitionskosten, aber laufende Betriebskosten für Wartung und Energie bleiben systemische Herausforderung. Skalierung auf Parkdecks erhöht Flächeneffizienz, doch statische Anforderungen und Wasserabdichtung benötigen engineering-Lösungen. Kooperative Finanzierungsmodelle mit kommunaler Beteiligung könnten Wirtschaftlichkeit sichern.
Zeitliche Persistenz
Historisch zeigen partizipative Projekte ohne institutionelle Verankerung oft kurze Lebensdauer. Die Übertragung von Beuys' sozialer Plastik auf dauerhafte Räume benötigt verbindliche Vereinbarungen zwischen Eigentümern und Gemeinschaft. Erfolgsfaktor wird die Balance zwischen organischer Entwicklung und struktureller Absicherung sein – regelmäßige Gemeinschaftsfeste könnten Identifikation stärken.
PRAGMATIC
Technische Umsetzbarkeit
Die Grundidee ist prinzipiell realisierbar, jedoch erfordern die technischen Systeme erhebliche Anpassungen. Schwerkraftbewässerung erfordert präzise Gefälleplanung in meist bodenebenen Ladenflächen. Grauwasser-Recycling aus Mall-Betrieben benötigt aufwändige Filtertechnik und regelmäßige Wartung – hier klafft die größte Umsetzungslücke. LED-Beleuchtungskosten sind kalkulierbar, aber Energieverbrauch trotz grünem Strom signifikant.
Betriebliche Herausforderungen
Die Gemeinschaftsbeteiligung als Kernkonzept wird zum kritischen Faktor. Erfahrungen aus Urban-Gardening-Projekten zeigen: Ohne professionelle Koordination ermüdet das Engagement nach 12-18 Monaten. Mall-Betreiber werden Personal für Sicherheit, Reinigung und Koordination bereitstellen müssen – ein unterschätzter Kostenfaktor.
Wirtschaftliche Realität
Trotz Nutzung bestehender Infrastruktur entstehen erhebliche Investitionen: Bodenabdichtungen, Bewässerungstechnik, Beleuchtungssysteme. Die Amortisation erfolgt indirekt durch erhöhte Aufenthaltsqualität und Kundenbindung – schwer quantifizierbare Größen. Minimalversionen mit simplen Hochbeeten und manueller Bewässerung könnten als Proof-of-Concept dienen.
Rechtliche Hürden
Baurechtliche Genehmigungen für Wasserinstallationen in Verkaufsflächen sind komplex. Versicherungsfragen bei öffentlicher Nutzung kommerzieller Flächen müssen neu geklärt werden. Gemeinschaftsmodels nach CLT-Vorbild erfordern langfristige vertragliche Bindungen, die mit typischen Mietverträgen in Einkaufszentren kollidieren können.
Praktische Skalierung
Die Übertragung auf Parkdecks ist technisch anspruchsvoller als beschrieben: Statische Lasten durch Erde und Wasserbehälter erfordern strukturelle Verstärkungen. Winterbetrieb in nicht klimatisierten Bereichen macht Frostschutzmaßnahmen notwendig. Erfolgsaussichten stehen und fallen mit der Bereitschaft von Mall-Betreibern, Flächen ohne unmittelbare Rendite bereitzustellen.
NORMATIVE
Ethische Grundlagen und Gemeinwohlorientierung
PARK INSIDE operationalisiert das Recht auf Stadt durch partizipative Aneignung kommerzieller Räume. Die Transformation von Konsumtempeln zu Gemeingütern wirft fundamentale Eigentumsfragen auf: Wem "gehört" urbaner Raum? Das Konzept navigiert geschickt zwischen Privatinteressen (Mall-Betreiber) und öffentlichem Nutzen durch Co-Management-Modelle, die an Elinor Ostroms Commons-Forschung anknüpfen. Problematisch bleibt die Abhängigkeit von gewinnorientierten Eigentümern – hier bieten Community Land Trusts robustere Alternativen zur dauerhaften Sicherung.
Ökologische Gerechtigkeit und Ressourcenkreisläufe
Die grauwasserbasierte Bewässerung realisiert ein wichtiges Prinzip der Kreislaufwirtschaft, muss jedoch Hygienestandards und Gesundheitsrisiken adressieren. Die Nutzung von Regenwasser reduziert kommunale Wasserbelastung, doch die LED-Beleuchtung verlagert Energieverbrauch – hier wäre eine Kopplung an Photovoltaik-Anlagen auf Parkdecks konsequent. Die Betonung einheimischer Arten stärkt Biodiversität, sollte aber durch Bodenentsiegelung ergänzt werden.
Soziale Inklusion und Machtverteilung
Die partizipative Ausrichtung riskiert unintendierte Exklusionseffekte: Wer hat Zeit für Gemeinschaftsgärtnern? Ältere oder einkommensschwache Gruppen könnten trotz offener Zugänge benachteiligt werden. Hier helfen explizite Empowerment-Programme wie bezahlte Gartenpatenschaften. Die Referenz zu Beuys' sozialer Plastik ist treffend, doch muss künstlerische Autonomie mit verbindlicher Gemeinwohlorientierung balanciert werden.
Skalierung und institutionelle Einbettung
Die Übertragbarkeit auf Parkdecks ist technisch machbar, aber rechtlich komplex: Bauvorschriften und Brandschutz könnten innovative Nutzungen blockieren. Erfolgsfaktor sind hybrid-finanzierte Trägerstrukturen, wie sie etwa bei Prinzessinnengärten Berlin erprobt wurden. Langfristig sollte das Modell auf gemeinwohlorientierte Eigentumsformen hinarbeiten, um nicht von kommerziellen Interessen abhängig zu bleiben.
Inspiration bieten bestehende Projekte wie die "Green Galeries" in Kanada oder die "Farmscape"-Initiative in Los Angeles, die Shopping Malls als Agrarflächen nutzen und damit neue Maßstäbe für urbane Resilienz setzen.
SPECULATIVE
Subversive Umwidmung des Tempels des Konsums
PARK INSIDE untergräbt die kapitalistische Logik von Shopping Malls durch deren paradoxe Umnutzung: Aus Orten des zwanghaften Konsums werden Räume des gemeinschaftlichen Nicht-Konsums. Diese Geste erinnert an Gordon Matta-Clarks "Building Cuts", wo Architektur durch subtile Eingriffe ihrer ursprünglichen Funktion beraubt wird. Die Idee transformiert die Mall in eine anti-kommerzielle soziale Plastik im Sinne Beuys', allerdings mit der gefährlichen Ambivalenz, dass sie letztlich doch das kapitalistische System stabilisiert, indem sie Leerstände produktiv macht.
Ökologische Romantisierung und technologische Naivität
Das Bewässerungskonzept verklärt natürliche Prozesse zu einer heilen Kreislaufutopie – die Vorstellung, dass "die Natur den größten Teil der Arbeit macht" ignoriert die komplexe Realität urbaner Hydro-Systeme. Vergleichbar mit Amy Francescinis "Cloud Garden" werden technische Infrastrukturen ästhetisiert, während die Abhängigkeit von LED-Beleuchtung (selbst mit grünem Strom) die paradoxe Energiebilanz eines künstlichen Ökosystems in klimatisierten Hallen verschleiert.
Sozialer Greenwashing-Effekt
Die Gemeinschaftsbeteiligung riskiert, zur Alibifunktion für Immobilienkonzerne zu werden – ähnlich wie bei "Corporate Social Responsibility"-Programmen, die Systemkritik in managbare Partizipation verwandeln. Die Referenz zu Community Land Trusts wirkt hier fast zynisch, da sie ursprünglich Grundstücksspekulation verhindern sollte, nicht Gewerbeflächen aufwerten. Echte disruptive Kraft hätte die Forderung nach dauerhafter Entkommerzialisierung der Flächen.
Urbane Wildnis als domestizierte Version
Die Einbindung von Biodiversitäts-Elementen nach Cordula Rode wird im kontrollierten Mall-Innenraum zur inszenierten Wildnis – eine Kuratierung von Natur, die an Mark Dions "Neukölln Botanical Garden" erinnert, wo urbanes Ökosystem zum Ausstellungsobjekt wird. Die wahre Provokation läge in unkontrolliertem Bewuchs, der die Architektur tatsächlich zurückerobert, nicht in gemanagten Habitatstrukturen.
Trotz der systemimmanenten Grenzen bietet PARK INSIDE eine konkrete Utopie im Sinne Fredric Jamesons: Sie macht den Widerspruch zwischen kapitalistischer Infrastruktur und gemeinwohlorientierter Nutzung sichtbar. Real existierende Referenzen wie Prinzessinnengärten Berlin zeigen, wie solche Zwischennutzungen tatsächlich sozialen Wandel initiieren können – wenn sie sich ihrer eigenen Widersprüche bewusst bleiben.
HANDS ON
Grundlegende Umsetzungsschritte
Identifiziere zunächst geeignete leerstehende Ladenflächen in Ealls oder Einkaufszentren mit ausreichend Tageslicht oder Beleuchtungsmöglichkeiten. Kläre rechtliche Rahmenbedingungen mit Betreibern und Eigentümern – nutze Mietverträge mit Gemeinschaftsgartenklauseln oder befristete Nutzungsvereinbarungen.
Materialien und Werkzeuge
Für die Basisausstattung benötigst wasserdichte Unterlagen (Teichfolien oder recycelte Gewächshausplanen), Regentonnen aus Food-Grade-Kunststoff, Tropfbewässerungsschläuche und Pflanzgefäße (z.B. recycelte Europaletten als Hochbeete). Werkzeuge: Akku-Bohrer, Teichschere, Schlauchanschlüsse. Pflanzen: regionale Saatgutmischungen und mehrjährige Stauden.
Regenwassernutzung praktisch umsetzen
Platziere Regentonnen auf stabilen Gestellen (mind. 1,5m Höhe) neben bestehenden Dachrinnen der Mall. Verbinde sie mit einfachen Fallrohr-Adapterkits (Baumarkt). Installiere Schlauchsysteme mit Schwerkraftdruck – pro Meter Höhe ergibt 0,1 Bar Druck, ausreichend für Tropfbewässerung. Für Grauwassernutzung: Separate Auffangbehälter für Kondenswasser aus Klimaanlagen einrichten.
Gemeinschaftsorganisation konkret
Gründe eine Kerngruppe aus 5-10 engagierten Personen. Entwickelt ein wöchentliches Betreuungsrotationssystem mit Aufgabenlisten (Gießdienst, Pflanzenpflege). Nutze bestehende Mall-Infrastruktur: Lagerflächen für Werkzeuge, vorhandene Sitzgelegenheiten, Stromanschlüsse für LED-Pflanzenlampen (24V-Systeme mit Zeitschaltuhren).
Kostengünstige Alternativen
Verwende recycelte Materialien: Obstkisten als Pflanzbehälter, alte Regentonnen von Kleinanzeigen, selbst gemischte Erde aus Kompost und Blähton.
BLOOM
Zustand
PARK INSIDE befindet sich in einem vielversprechenden, aber noch nicht vollständig ausgereiften Entwicklungsstadium. Das Konzept nutzt geschickt vorhandene Infrastruktur und partizipative Ansätze, um leerstehende Gewerbeflächen in sozial-ökologische Räume zu transformieren. Es verbindet praktische Umsetzbarkeit mit visionärer Kraft, bleibt jedoch in zentralen Bereichen wie Energieverbrauch, Gemeinschaftsbindung und rechtlicher Verankerung vorläufig und risikobehaftet. Die Stärke liegt in der Übertragbarkeit und der intelligenten Ressourcennutzung, während die langfristige Persistenz noch ungesichert ist.
Hotspots
Kritisch sind die Energiebilanz der LED-Beleuchtung, die Gefahr des sozialen Greenwashings durch Mall-Betreiber und die komplexen rechtlichen Hürden bei Gemeinschaftsmodellen. Positiv hervorzuheben sind die Kreislauforientierung durch Regen- und Grauwassernutzung, die niedrigschwellige Skalierbarkeit und das Potenzial, Shopping Malls als Orte des Gemeinwohls neu zu definieren. Die Einbindung einheimischer Arten und partizipativer Governance-Strukturen bietet ökologische und soziale Mehrwerte, die über reine Zwischennutzung hinausgehen.
Muster
Das Konzept folgt einem Muster der paradoxen Integration: Es nutzt kapitalistische Infrastrukturen für anti-kommerzielle Zwecke, verwandelt Kontrolle in Gemeinschaft und inszeniert Natur innerhalb künstlicher Räume. Es oszilliert zwischen Systemerhalt und Systemkritik, zwischen kuratiertem Grün und wilder Aneignung. Dieses Spannungsfeld macht seine Stärke aus, erfordert aber eine bewusste Reflexion der eigenen Widersprüche, um nachhaltige Wirkung zu entfalten.